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Hauptseite » 2010 » März » 23 » Rösler versus Söder
Rösler versus Söder
17:42
Als unsolidarisch hat die CSU die Kopfpauschale stets gebrandmarkt. Doch ist das Modell von Markus Söder wirklich besser?


Kopfpauschale oder einkommensabhängiger Zusatzbeitrag: Was rettet das Gesundheitssystem? Und was ist sozialer?

Das Gesundheitskonzept des bayerischen Gesundheitsministers Markus Söder (CSU) lässt die Wogen in der Union derzeit mal wieder hochschlagen. Es sind vor allem Berliner CSU-Abgeordneten, die sauer sind. Man habe "die Schnauze voll" von den gesundheitspolitischen Alleingängen der Münchner, heißt es unverblümt. Das "Kasperletheater muss aufhören". In der CDU ist der Ärger kaum geringer, auch wenn er vorerst noch höflicher formuliert wird. "Wir halten es für falsch, die Arbeit der Gesundheits-Kommission durch Querschüsse ständig zu beeinflussen", sagt etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU).

Der Unmut wirkt allerdings nur zum Teil verständlich. Hatten doch sowohl Abgeordnete der CDU als auch der CSU sich in den letzten Wochen immer wieder darüber mokiert, dass aus Bayern nur Fundamentalopposition gegen die Gesundheitspläne von FDP-Minister Philipp Rösler komme, aber keine konstruktive Idee, wie die steigenden Ausgaben im Gesundheitssystem zu bewältigen seien. Die  bayerische Gesundheitsminister hat also mit seinem Gegenkonzept im Grunde nur das getan, was seine Berliner Parteifreunde von ihm verlangt haben.

Grundsätzlich ist Söders Vorschlag durchaus eine mögliche Variante, den chronisch defizitären gesetzlichen Kassen zu höheren Einnahmen zu verhelfen. In seinem Modell würde der Versicherungsbeitrag von 14 Prozent des Einkommens künftig wieder hälftig zu je sieben Prozent von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt. Derzeit zahlen Arbeitnehmer 7,9 Prozent. Darüber hinaus dürften die Kassen einen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag erheben. Den gibt es heute schon, allerdings ist er bei einem Prozent des Einkommens gedeckelt. Diese Begrenzung würde beim Söder-Modell fallen oder zumindest angehoben werden.

Zum Vergleich: Auch bei einer kleinen Gesundheitsprämie, wie sie FDP und CDU wollen, würde es weiterhin einen einkommensabhängigen Beitrag geben, der zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt würde. Die notwendigen Zusatzbeiträge würden allerdings pauschal erhoben, sie müssten von reichen und armen Versicherten gleichermaßen bezahlt werden. Um Ungerechtigkeiten zu verhindern, würden sozial schwächer gestellte Versicherte anschließend einen aus Steuern bezahlten Sozialausgleich erhalten.

Der wesentliche Vorteil des Söder-Modells liegt nun darin, dass es in der Tat unbürokratischer wäre. Denn anders als beim Prämienmodell wäre keine neue Verwaltung zur Auszahlung der Sozialbeiträge notwendig. Alles könnte abgerechnet werden wie bisher.

Auch die Entkoppelung von Arbeitskosten und Gesundheitskosten, die die Kanzlerin in jeder Rede anmahnt, weil sie sich dadurch einen positiven Effekt für den Arbeitsmarkt erhofft, wäre im Söder-Modell gegeben. Denn die Arbeitgeberbeiträge würden auch in Zukunft bei sieben Prozent eingefroren.

Söder und sein Parteichef Horst Seehofer haben in der Vergangenheit allerdings vor allem gegen die Kopfpauschale gekämpft, weil sie diese für unsolidarisch und ungerecht halten. Gerade da steht ihr Modell aber nicht automatisch besser da. Denn die Zusatzbeiträgemüssen bei Söder genau wie in den Plänen von Rösler ausschließlich von den Arbeitnehmern bezahlt werden.

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Vorschlägen ist aber folgender: Im Söder-Modell würde eine Umverteilung der zusätzlichen Kosten nur zwischen den gesetzlich Versicherten stattfinden, die reichen privat Versicherten blieben verschont. Geht es nach FDP und CDU würden dagegen alle Steuerzahler und nicht nur die gesetzlich Versicherten an den steigenden Gesundheitskosten beteiligt.

Ob dies im Endeffekt sogar sozialer wäre als das Söder-Modell, wie die Kanzlerin und ihr Gesundheitsminister behaupten, hängt letztlich davon ab, wie der Sozialausgleich finanziert wird. Da seit Jahren der Anteil der direkten, also auf persönliche Einnahmen bezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen eher stagniert, während der Anteil der indirekten - also von allen gleichermaßen zu zahlenenden - Steuern wie zum Beispiel der Mehrwertsteuer steigt, ist die Umverteilungswirkung der Kopfpauschale schwer zu beurteilen. Würde der Sozialausgleich zudem gar durch Einsparungen bei anderen sozialen Leistungen gegenfinanziert, könnten gerade ärmere Versicherte durchaus in die Lage kommen, dass ihnen der Staat mit der einen Hand etwas gibt, was er ihnen mit der anderen wieder nimmt.

Doch auch wenn Söder bei der FDP und in den eigenen Reihen mit seinem Vorstoß nun erstmal auf viel Kritik gestoßen ist, muss die Idee damit noch nicht politisch tot sein. Sollte sich am Ende der Verhandlungen der Gesundheitskommission nämlich herausstellen, dass sich der Sozialausgleich für eine kleine Kopfpauschale anders als versprochen doch nicht so organisieren lässt, dass Aufwand und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen, dann könnte die Söder-Idee plötzlich ziemlich attraktiv erscheinen.

Ob das für die CSU am Ende wirklich ein politischer Sieg wäre, ist allerdings fraglich. Denn der auffälligste Effekt einer solchen Reform für die Versicherten wäre vor allem, dass sie mehr bezahlen müssten. Und zwar ganz ohne das schöne Gefühl, davon bei der Steuer womöglich einen Teil zurückzubekommen.

Quelle: http://www.zeit.de
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